Zum Hauptinhalt springen

Diffuse Quellen entstehen meist während der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Feld. Kritische Eintragspfade sind Oberflächenabflüsse vom Feld bei starken Niederschlägen nach der Anwendung, Abdrift durch Wind sowie Einträge durch Drainagen (Prasuhn et al. 2018).

Oberflächenabfluss (Abschwemmung/Erosion)

Bei starken Regenfällen oder auf gesättigten Böden kann nicht infiltrierendes Wasser aus der Parzelle abfliessen. Beim Abfliessen kann das Wasser feste Partikel oder gelöste Stoffe mit sich führen, zu denen auch Pflanzenschutzmittel gehören können. Im ersten Fall sprechen wir von Erosion, im zweiten von Abschwemmung. Vor allem in kleinen Gewässern kann es so bei ungünstigen Bedingungen zu Konzentrationen führen, die für Wasserorganismen schädlich sind.

Verschiedene Massnahmen ermöglichen es, Abschwemmung und Erosion deutlich zu reduzieren. So kann wertvoller Ackerboden erhalten werden, und der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln von dem Feld in Gewässer wird minimiert. Dazu gehört, die Versickerung von Niederschlägen im Boden zu erleichtern, zum Beispiel durch eine geeignete Oberflächenbearbeitung oder die Vermeidung von Bodenverdichtung. Auch gilt es, vor allem in Hanglagen, das Wasser auf der Oberfläche zurückzuhalten, und zu verhindern, dass es sich in Bewegung setzt und so in das nächste Gewässer gelangt. 

Die erforderlichen Massnahmen zur Vermeidung von Abschwemmung hängen stark von der Bodenstruktur, der Topographie, den Kulturen und vom Klima am jeweiligen Standort ab. Daher steht eine gründliche Situationsanalyse am Anfang, bevor die für ein Feld am besten geeigneten Massnahmen ausgewählt werden.

Darüber hinaus ist das Abschwemmungs- und Erosionsrisiko abhängig von den Produkteeigenschaften und den vorgesehenen Anwendungen und wird bei der Bewilligung beurteilt. Wenn Auflagen auf der Etikette oder im PSM-Verzeichnis (SPe 3-Auflagen) es verlangen, müssen zwingend geeignete Massnahmen getroffen werden, um die Abschwemmung zu reduzieren; dies gilt unabhängig vom ÖLN für alle Parzellen mit einer Neigung von mehr als 2 %, die sich im Abstand von weniger als 100 Metern oberhalb von Oberflächengewässern befinden.

Abdrift

"Drift" bezeichnet die Menge an Pflanzenschutzmitteln, die während der Anwendung durch den Wind aus der zu behandelnden Kultur hinausgetragen wird. Die Folgen dieser Verlagerung können Belastungen von Gewässern, Naturparks, angrenzenden Wohngebieten, Feuchtgebieten, etc. oder ein unbeabsichtigter Eintrag auf benachbarte Kulturen sein. Letzteres kann in Randbereichen zu Wirkstoffrückständen oder zu direkten Schäden der Kulturen führen.

Die Verwendung von Spritzdüsen, die größere Tropfen erzeugen, reduziert die Abdrift erheblich. Weitere Faktoren, die neben der Tropfengröße die Abdrift beeinflussen, sind die Höhe der Spritzdüse über der Behandlungsfläche, die Windgeschwindigkeit, die Fahrgeschwindigkeit, die Temperatur sowie die richtige Einstellung des Spritzgerätes. Einige dieser Faktoren können durch den Anwender nicht direkt beeinflusst werden. Allerdings können die damit verbundenen Risiken durch Abdrift mit Hilfe geeignete Massnahmen erheblich vermindert werden. Grundsätzlich gelten folgende Regelungen der guten fachlichen Praxis:

  • Lassen sie besondere Vorsicht walten, wenn Sie Felder bewirtschaften, die an sensible Bereiche angrenzen (naturnahe Lebensräume, Oberflächengewässer, Wohnbereiche)
  • Beachten Sie Wetterlage und -vorhersage; applizieren Sie Pflanzenschutzmittel nur bei günstigen Wetterbedingungen und wählen Sie Tageszeiten mit günstigen Anwendungsbedingungen, d.h.
    • Wind weht nicht in Richtung der sensiblen Bereiche
    • Windgeschwindigkeiten möglichst unter 12 km/h, jedoch nie über 19 km/h
    • Temperatur < 25°C
    • Luftfeuchtigkeit ≥ 60 %
    • Idealerweise am frühen Morgen oder späten Abend
  • Beachten Sie die allgemeinen Abstandsauflagen: 3m Mindestabstand zu Hecken, Feld- und Ufergehölzen, Waldrändern und Gewässern (6m zu Gewässern im ÖLN)
  • Lesen Sie die Gebrauchsanweisung des anzuwendenden Pflanzenschutzmittels und beachten Sie die produktspezifischen Anwendungsauflagen zur Drift
  • Verwenden Sie Abdrift-reduzierende Technik

Im Rahmen des europäischen Projekt TOPPS-Prowadis, welches die Entwicklung von Informations- und Trainingsmaterialien für Landwirtinnen und Landwirte zur Förderung eines sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln zum Schutz von Gewässern zum Ziel hatte, wurde ein kostenloses, interaktives Programm zur Bewertung des Abdriftrisikos bei Anwendungen in Flächen- und Raumkulturen entwickelt.

Drainagen

Stellenweise sind landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzte Flächen drainiert. Im Herbst und Frühjahr können dann Pflanzenschutzmittel mit dem Drainagewasser in Oberflächengewässer gelangen. Der PSM-Austrag über Drainagen hängt von einer Vielzahl von Umwelteinflüssen ab (King et al., 2015, Gramlich et al. 2018, Kobierska et al. 2020)., so beispielsweise:

  • topographische Gegebenheiten
  • physikalisch-chemische Eigenschaften des Bodens (Gehalt an organischem Material, Textur, Struktur, Eisen-, Aluminium- oder Calcium-Gehalt, etc.)
  • die angebauten Kulturen
  • die landwirtschaftlichen Praktiken
  • die chemischen Eigenschaften der Substanzen (Adsorptionskapazität, der Wasserlöslichkeit, ihrer Reaktivität
  • die Aufwandsmenge eines Produkts

Hinzu kommt, dass Oberflächen- und Drainageabfluss sich häufig zeitlich und räumlich gegenseitig beeinflussen respektive gekoppelt sind. Bezüglich der Risikoreduktion von PSM-Einträgen in Oberflächengewässer bedeutet dies, dass viele Abschwemmungs- und Erosionsschutzmassnahmen auch geeignete Massnahmen sind, um PSM-Einträge über Drainagen zu reduzieren. Hierzu zählen z.B.

  1. Ausbringungszeitpunkt anpassen (keine Applikation vor Niederschlagsereignissen)
  2. Stoffbelastung pro Parzelle reduzieren (Prognosesysteme, Bandspritzung, Dropleg, Split-Applikation, Punkt-Applikationen, etc.)
  3. Einsatz von risikoärmeren Wirkstoffen auf gefährdeten Parzellen
  4. Optimierung der Fruchtfolge (z.B. Pflanzen mit Pfahl- und Faserwurzelsystemen berücksichtigen)
  5. Bodenbearbeitungspraxis optimieren (siehe hierzu auch Themenbereich 3.3 «Bodenschutz»)
  6. Anbau von Deckfrüchten, Gründüngung
  7. Förderung der biologischen Bodenaktivität und Erhöhung des Gehalts an organischer Substanz, um die Retention und den Abbau von PPh zu fördern
  8. Bewässerungspraktiken optimieren (z.B. Zeiträume zwischen Wasserzufuhr und Behandlung)

Eine Übersicht hierzu findet sich unter anderem in Kobierska et al. (2020), Prasuhn et al. (2018) und TOPPS (2018).